Andrej Mitrovic (1937-2013)

Geboren wurde Andrej Mitrović in Kragujevac, jener Stadt in der das Sühneverbrechen der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg begangen wurde.* Er erzählte mir während einer Autofahrt von Bonn nach München von seiner Erinnerung an dieses Ereignis, welches in Jugoslawien kaum einer nicht kannte. Andrej Mitrovic war damals fünf Jahre alt gewesen, konnte sich aber an einiges erinnern. Er kannte sich in Geschichte aus und wusste was aus Erinnerungen mit der Zeit werden konnte. Oral History. Historiker sind vorsichtige Zeitzeugen. Andrej Mitrović war ein Historiker und deshalb kennt ihn wohl niemand als Zeitzeugen über das Sühneverbrechen der Wehrmacht. Kragujevac war die Stadt seiner Kindheit, Belgrad hingegen die Stadt seines Lebens. Dort hat er studiert und gelebt. Er hat schnell studiert und Karriere gemacht und galt als ausgesprochen talentiert. Er arbeitete viel, schrieb viel und rauchte viel. Zu viel. Andrej Mitrović lehrte an der Universität, schrieb, produzierte Kunst- und Geschichtssendungen sowie Filmsendungen im Fernsehen. Ich traf in den späten 1990er Jahren Menschen in Kroatien, die mit großer Begeisterung über Sendungen erzählen konnten die Andrej Mitrović noch in den 1970er Jahren über Geschichte der Kunst produziert hatte. So kam aber auch der erste Infarkt.
1980 wurde er als  jüngster Professor für Geschichte an der Philosophischen Fakultät der Universität Belgrad überhaupt berufen. 1987 gründete er den Lehrstuhl für Allgemeine moderne Geschichte. Andrej Mitrović spezialisierte sich auf die Geschichte Serbiens und des Balkans im Ersten Weltkrieg sowie auf die Geschichte Jugoslawiens und Südosteuropas während des Zweiten Weltkriegs – über Südosteuropa als Ergänzungswirtschaftsraum Nazi-Deutschlands. Dieses und Serbien im Ersten Weltkrieg sollten seine großen Themen werden. Am dritten großen Thema “Leopold von Ranke und Serbien” hatte er seit den 1990er Jahren geforscht, aber die Krankheit hat ihm eine Publikation dazu verwehrt. Er publizierte etwa 25 Monografien, wovon die meisten in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Letztens ist 2007 in London bei C. Hurst & Co. (Publishers) Serbia’s Great War 1914-1918 erschienen.
Für seine Arbeit wurde er mehrfach geehrt. Er war Träger des Herder-Preises, der Konstantin-Jireček-Medaille, vieler wichtiger jugoslawischer und serbischer Auszeichnungen und Preise sowie Humboldt-Stipendiat. Ausserdem war er Korrespondierendes Mitglied der serbischen Akademie der Wissenschaften und Künste und Mitglied der Montenegrinischen Akademie der Wissenschaften und Künste.
In den 1990er Jahren ging er auf die Straßen von Belgrad, um gemeinsam mit seinen Studenten gegen den serbischen Machthaber Milošević zu demonstrieren. Er war ein großer Gegner des Establishments und setzte sich für ein Serbien in Europa ein. Als Milošević im September 2000 schließlich abgewählt wurde, war Andrej Mitrović gerade auf der ersten Tagung der Michael-Zikic-Stiftung in Bonn und wir haben zusammen die Nachricht aus Belgrad im Fernsehen gesehen. Andrej Mitrović war überglücklich, ahnte aber auch wie schwer der Weg Serbiens nach Europa werden wird. Das die Wahlergebnisse aus Belgrad aber erst die Einleitung in einen Machtkampf mit dem Despoten waren, der erst durch einen Volksaufstand auf Straßen von Belgrad am 5. Oktober entschieden werden konnte, an dem Andrej Mitrovic ebenfalls teilnahm, konnten wir damals nicht ahnen.
Andrej Mitrovic ist am 25. August 2013 mit 77 Jahren nach langer Krankheit in Belgrad verstorben.
*Aufgrund des sogenannten Geisel-Sühne-Befehls des Oberkommandierenden der Wehrmacht, Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel, wonach für jeden gefallenen Soldaten der Wehrmacht 100 und jeden verletzten Soldaten 30-50 Serben zu erschiessen waren, wurden am 21. Oktober 1941 als Vergeltung für einen Partisanenangriff etwa 2300 männliche Bewohner von Kragujevac erschossen.

Review of Anja Hanisch’s recent book about the GDR in the CSCE-Process

Milan Kosanović’s review was published in german periodical Militärgeschichtliche Zeitschrift 71 (2012) Heft 2 about the new book of german historian Anja Hanisch in which she analyses the effects of the CSCE process on the GDR and its society, but also the respective reactions of the GDR leadership (Hanisch, Anja, Die DDR im KSZE-Prozess 1972-1985. Zwischen Ostabhängigkeit, Westabgrenzung und Ausreisebewegung, München 2012).
Information: https://www.oldenbourg-verlag.de/wissenschaftsverlag/militaergeschichtliche-zeitschrift/21932336

Publication about Belgrade CSCE Follow-up Meeting from 1977

Dittmar Dahlmann, Vladimir Bilandžić and Milan Kosanović published recently a book about the Belgrade CSCE Follow-up Meeting 1977/78:
Vladimir Bilandžić, Dittmar Dahlmann and Milan Kosanović, From Helsinki to Belgrade. The First CSCE Follow-up Meeting and the Crisis of Détente, Göttingen 2012.
Information: http://www.v-r.de/de/title-99-99/from_helsinki_to_belgrade-1008565/